Nachdem am gestrigen Montag die Klage vor dem DEL Schiedsgericht nach mehrstündiger Verhandlung durch Geschäftsführer Matthias Wendel zurückgenommen wurde – was gleichbedeutend damit ist, dass die Bayreuth Tigers in der anstehenden Saison nicht am Spielbetrieb der DEL2 teilnehmen werden – konzentriert man sich im Lager der Wagnerstädter auf die Teilnahme an der vom DEB geführten Oberliga Süd.
Herr Wendel, nachdem man Klage eingereicht hatte, war man sicher davon ausgegangen, dass man die Möglichkeit erhält, weiter am Spielbetrieb der DEL2 teilnehmen zu können. Was hat letztendlich den Ausschlag gegeben, dass man zurückgezogen hat?
Matthias Wendel: Ich bitte um Verständnis, dass ich direkt zum Klageverfahren nicht detailliert antworten kann, da die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Was ich anmerken kann ist, dass alleine die Tatsache, dass über mehrere Stunden verhandelt worden ist, indiziert, dass wir mit unserem Ansatz, nicht chancenlos in die Verhandlung zu gehen, richtig lagen. Es wurde im Prinzip alles analysiert, um ggf. eine Lösung herbeizuführen. Wir haben zum Termin noch einen stattlichen Betrag akquirieren können, um ggf. einen Vergleich zu schließen, was von der Liga jedoch abgelehnt worden ist. Als sich im Verlauf der Verhandlung dann herauskristallisiert hatte, dass die Klage abgewiesen werden würde, haben wir diese zurückgenommen. Einerseits natürlich auch, weil dies höhere Kosten bedeutet hätte, aber auch weil klar war, dass die Aufrechterhaltung unsererseits nach Abwägungen des Gerichts nicht zielführend gewesen wäre. Ein Richterspruch mit anschließender Begründung der Sachverhalte hätte zudem weitere Zeit in Anspruch genommen. So herrscht nun für alle Parteien Klarheit und wir konzentrieren uns ab sofort auf die Teilnahme an der Oberliga.
Es kursieren Gerüchte mit Zahlen in den sozialen Medien, die auf einen deutlichen Verlust hindeuten?
Matthias Wendel: Ich kommentiere grundsätzlich keine Zahlen, die auf diversen Plattformen gepostet werden. Aber natürlich hat die letzte Saison richtig Geld gekostet, was uns am Ende auch den Verbleib in der DEL2 gekostet hat, wenn man dies so ausdrücken möchte. Wir hatten stark investiert – der erhoffte und erwartete Effekt ist jedoch ausgeblieben. Außerdem ist es dann natürlich schwieriger während der Saison noch Partner zu akquirieren, wenn man am Tabellenende steht. Der Zuschauerschnitt war ebenso wenig erfreulich und die kostenintensive Mannschaft hat das „negative“ Bild komplett gemacht. Am Ende haben wir mit Nachverpflichtungen nochmals Geld in die Hand genommen, um den Abstieg zu vermeiden.
Wie sicher ist die Teilnahme an der Oberliga Süd?
Matthias Wendel: Wir haben positive Signale vom Präsidium des DEB erhalten, wollen aber der finalen Entscheidung nicht mit Spekulationen vorgreifen. Alle Unterlagen wurden in den letzten Wochen eingereicht. Allerdings müssen auch hier die Formalien eingehalten werden, was eben noch einige Tage in Anspruch nehmen wird.
Auch wenn man immer möglichst „hoch“ spielen will: Ist die Oberliga für Bayreuth die bessere Liga?
Matthias Wendel: Das kann ich so nicht beantworten und ist auch jetzt nicht diskussionswürdig. Wir stellen uns den neuen Aufgaben und gehen mit allem Elan in die kommenden Wochen und Monate. Ich habe sozusagen einen Schlussstrich gezogen und konzentriere und fokussiere mich auf die aktuelle Situation.
Das bedeutet, dass auch in Zukunft Matthias Wendel an vorderster Front aktiv sein wird?
Matthias Wendel: Es entspricht nicht meinem Naturell, jetzt die Flinte ins Korn zu werfen. Die ersten Stellschrauben wurden bereits gestern auf der Heimfahrt, u.a. in langen Gesprächen mit Rainer Schan, gestellt. Es ist wie ein neues Projekt, das man nun angeht.
Rainer Schan wird also weiterhin in Bayreuth aktiv sein?
Matthias Wendel: Ja, das ist so besprochen und stand auch bereits vor dem Aufkommen der derzeitigen Situation fest.
Wird sich an der Infrastruktur innerhalb der Bayreuth Tigers grundsätzlich etwas ändern?
Matthias Wendel: Wir wollen uns breiter aufstellen. Rainer Schan wird, sollte er diesen Weg mitgehen, als Geschäftsführer Sport agieren, was bereits im Februar 2023 vorbesprochen wurde. Zudem werden wir einen Aufsichtsrat installieren.
Sehen Sie den „Kredit“ bei den Fans als verspielt an?
Matthias Wendel: Natürlich sind unsere Fans enttäuscht, das ist absolut nachvollziehbar. Aber ich habe bereits einiges an Rückmeldungen – im Übrigen auch von Sponsoren – erhalten, dass der Weg nur gemeinsam bestritten werden kann. Wir denken, dass es zu einer Art Aufbruchstimmung kommen kann, die man als Chance wahrnehmen muss. Sicher werden wir auch mehr Siege erleben als in den letzten Spielzeiten, sodass unsere Fans und Partner wieder mit einem anderen Gefühl aus dem Tigerkäfig den Nachhauseweg antreten werden können. Wir alle wollen ambitioniertes, ehrliches Eishockey sehen!
Letztendlich ist es vielleicht der richtigere Weg, sich in der Oberliga auf Sicht zu konsolidieren als mit heißer Nadel und auf den letzten Drücker die DEL2 anzugehen, dort der Musik hinterher zu laufen und ggf. wieder am Tabellenende stehen zu müssen.
Auch in der Oberliga geht es ums Geld. Wie sicher sind Sie, dass man hier auf gesunden Beinen stehen wird?
Matthias Wendel: Natürlich haben wir auch Kosten in der Oberliga, aber diese sind doch um einiges geringer als zuletzt. Angefangen von den Fahrtkosten über Schiedsrichter bis hin zum Reindl-Pool. Zudem werden wir, in Teilen der Liga bereits üblich, keine DEL-2 Gehälter zahlen.
Rückblickend: Was würden Sie anders machen, stände man nochmals am Anfang vergangener Saison?
Matthias Wendel: Ich habe mich sicherlich von den Erfolgen einiger Spieler, die wir verpflichtet haben, blenden lassen und teures Geld dafür ausgegeben. Natürlich gehört immer ein gewisses Risiko dazu, welches nicht aufgegangen ist. Im Vorfeld der Saison wurden wir von vielen Experten der Eishockeyszene, mit dem damals stehenden Kader als Top-Team bezeichnet, welches vorne mitspielen wird. Dann hätte man diese Situation jetzt gerade nicht. Letztlich ist das für den Augenblick auch nicht mehr wichtig. Zudem kam die Besetzung der Stelle des Sportlichen Leiters einfach zu spät – dies muss ich mir eingestehen. Den sportlichen Bereich habe ich nun in die Hände von Rainer Schan gegeben, der mit seiner langjährigen Erfahrung im Eishockeysport prädestiniert ist, aber natürlich auch keinen Erfolg garantieren kann.
Es gibt Stimmen, welche die Infrastruktur der Bayreuther Sportstätten bemängelt. Auch die Wirtschaftskraft bei mehreren Teams in den oberen Ligen wird immer wieder ins Gespräch gebracht. Spielt auch dies mit hinein in das Gesamtergebnis?
Matthias Wendel: Das ist mir zu einfach und es wäre unfair, hier extern einen „Schuldigen“ zu suchen. Natürlich sind verschiedene Dinge nicht besonders gut und es gibt oft Optimierungsbedarf und es braucht auf Sicht, will man weiterhin Spitzensport anbieten, andere Strukturen, aber lamentieren bringt keinem etwas.
Es gilt nun in einem hohen Tempo ein Team auf die Beine zu stellen. Wie weit ist man hier ggf. schon?
Matthias Wendel: Hier gab es durch Rainer Schan gewisse Vorsondierungen, welche in den nächsten Tagen und Wochen konkretisiert werden.
Ist es richtig, dass nach dem Aus in der DEL2 erst im September Eis in Bayreuth zur Verfügung stehen wird?
Matthias Wendel: Ich habe auf der Rückfahrt von Köln gestern einen Anruf von Oberbürgermeister Ebersberger erhalten, der mich über eine Beschlusslage für den Fall, dass wir Oberliga spielen sollten, informiert hat. Danach sieht es so aus, dass es erst zum 1. September Eis geben wird. Wir würden selbstverständlich gerne früher aufs Eis gehen, es ist für uns jedoch nicht existentiell. Für den Nachwuchs wäre die aus meiner Sicht aber schon fast eine Katastrophe.
Das bisher veröffentlichte Vorbereitungsprogramm dürfte obsolet sein?
Matthias Wendel: Dies werden wir natürlich anpassen müssen. Wir informieren unsere Fans so schnell, wie möglich.
Sie sprechen die Fans an, die beinahe 700 Dauerkarten erworben haben. Wie wird damit umgegangen?
Matthias Wendel: Die Dauerkarten behalten für alle, die uns weiterhin unterstützen und den Weg in die Oberliga mitgehen werden, ihre Gültigkeit. Zudem werden alle Spiele der Saison in diese Karten inkludiert werden. Das gilt natürlich auch für Playoff-Partien, wie viele dies dann auch sein mögen. Zur weiteren Kompensation werden wir uns in Kürze an unsere Fans wenden und entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Herr Wendel, vielen Dank für das Gespräch und die umfangreichen Informationen.
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